09.03.2022

ESG matters: Die neue Ära der nachhaltigen Immobilienwirtschaft

Seit einiger Zeit bereits spreche ich mit Kolleginnen und Kollegen aus meiner Branche intensiv über die kluge und effektive Umsetzung von ESG-Kriterien in der Immobilienbranche. Eines ist sicher: Noch nie war Handeln so wichtig wie jetzt. Wichtige Impuls- und Ideengeber:innen haben wir genug …….

Seit einiger Zeit bereits spreche ich mit Kolleginnen und Kollegen aus meiner Branche intensiv über die kluge und effektive Umsetzung von ESG-Kriterien in der Immobilienbranche. Eines ist sicher: Noch nie war Handeln so wichtig wie jetzt. Wichtige Impuls- und Ideengeber:innen haben wir genug …  

„Der Menschheit läuft die Zeit davon“, titelte Zeit Online in ihrem Artikel zum aktuellen Bericht des Weltklimarates, der wieder einmal verdeutlichte: Die Lage wird nicht besser – im Gegenteil, sie verändert sich dramatisch. Die Folgen des Klimawandels nehmen zu, mehr Menschen sind davon betroffen, mehr Tierarten von der Auslöschung bedroht. Die alarmierende Nachricht am Ende: Die aktuellen Anstrengungen werden nicht ausreichen.

Wir müssen uns in vielen Bereichen weiter anpassen und unsere Bemühungen intensivieren.

Die aktuelle Lage: eindeutig

Sprechen wir über unsere Klima-Zukunft, so sprechen wir unmittelbar auch über die Gebäude- und Bauindustrie. Weltweit verursachen Gebäude 40 Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen und das Bauwesen verbraucht 32 Prozent der natürlichen Ressourcen der Welt.

Der Blick nach Europa offenbart auch kein besseres Bild: Gebäude auf unserem Kontinent sind für 40 Prozent des Energiekonsums verantwortlich und damit der größte Energieverbraucher.

Auch das Alter der Gebäude ist eine große Herausforderung: 35 Prozent der Immobilien in der EU sind älter als 50 Jahre; fast 75 Prozent des aktuellen Gebäudebestands ist energieineffizient.

Die Lage ist eindeutig, wir müssen dringend handeln. Wir müssen die Effizienz unserer Gebäude und des Bauwesens steigern. Wir müssen den Verbrauch und die Gewinnung von Energie neu denken.

Alles nichts Neues, oder?

„Wir müssen handeln. Die Lage ist eindeutig. Energie neu denken. Das haben wir doch alles schon mal gehabt“, können Sie nun richtigerweise intervenieren. Wir sollten den letzten Bericht des Klimarates als erneuten drängenden Appell verstehen: Es wird nicht besser! Im Gegenteil, die Lage verschärft sich weiter. Jeden Tag erhalten wir neue Realitäten, mit denen wir uns beschäftigen müssen. Realitäten, die uns die Dringlichkeit weiter vor Augen führen.

Seit langer Zeit schon setze ich mich zusammen mit Kund:innen und Expert:innen intensiv mit dem Thema auseinander. Das Schlagwort ESG, kurz für Environmental, Social und Governance, also verantwortungsvolle Unternehmensführung, hat in den letzten Monaten unglaublich an Brisanz gewonnen. Kaum eine Anfrage, kaum ein Gespräch unter Kolleg:innen, das nicht davon geprägt ist. Dass wir uns also zukünftig mehr mit Themen der ökologischen, sozialen und verantwortungsvollen Veränderung auseinandersetzen müssen, ist keine Überraschung. Die Brisanz, mit der dieses Umdenken jedoch umgesetzt werden muss schon.

ESG ist mehr

Lange sind sie ausgefallen, die Ausstellungen von Absolventinnen und Absolventen der Architektur. Umso größer war die Freude, als ich erst neulich eine dieser Werkschauen besuchen durfte. Genauso groß war die Bewunderung für die vielen innovativen Ideen, die diese jungen Menschen erarbeitet haben. Der Fokus machte deutlich: Nachhaltige Bauweisen sind beim Nachwuchs kein eigenständiges Projekt mehr, sondern wie selbstverständlich in jedem Entwurf mitgedacht. Von Wohnanlagen, über Verkehrsnetze bis hin zur JVA – in jedem Entwurf war der Gedanke an die Nachhaltigkeit quasi integriert.

Mehr noch: Die Architektinnen und Architekten haben es geschafft, den ESG-Begriff komplett zu greifen. Denn neben der Erzeugung von Energie und dem Ausstoß möglichst weniger Schadstoffe, haben sie auch Baumaterialien und Lieferketten mitgedacht: Nachhaltige Baustoffe, möglichst aus der Nähe, möglichst nachwachsbar. Lieferketten kurz und überschaubar; die Arbeitnehmerrechte immer im Blick. Einmal mehr zeigt sich: Es gibt den Nachwuchs, der sich um die Belange der Zukunft kümmert. Zumindest diese Aussicht sollte uns allen in diesen trüben Tagen Mut machen.

Viele Proptechs sehen ESG als Chance

Doch nicht nur junge Architekt:innen ergreifen die Chancen, die ESG bietet. Auch Proptechs und junge Unternehmen in der Immobilienwirtschaft sehen strengere Vorgaben als Chance, echte und nötige Veränderung zu schaffen und gleichzeitig ein Geschäftsmodell daraus zu entwickeln. Ich bin mit vielen Kolleginnen und Kollegen aus meiner Branche im Gespräch, und wir sind uns einig:

Es geht nicht um entweder Wirtschaftlichkeit oder Nachhaltigkeit, sondern um ein Sowohl-als-auch. Die meisten Projekte in der Immobilienwirtschaft ziehen zumindest langfristig einen großen ökonomischen und gleichzeitig ökologischen Nutzen nach sich. Doch auch auf kurze Sicht, gibt es zahlreiche Projekte, bei denen durch Wandel und Erneuerung positive ökologische und ökonomische Effekte erzielt werden können.

So wie junge Architekt:innen haben auch viele junge Start-ups aus der Immobilienbranche, die Notwendigkeit von Nachhaltigkeit erkannt. Sie sind in ihrem Feld oftmals hoch spezialisiert und finden gerade deshalb neue und innovative Lösungen.

Gleichzeitig sind sie auf starke Partner angewiesen. Auf Partner, die nicht nur Zugang zu ausreichend Kapital, sondern vor allem zu einem fundierten Netzwerk bieten, auf dessen Basis die jungen Unternehmen wachsen können.

Ich bin der festen Überzeugung, dass in der partnerschaftlichen Zusammenarbeit die Zukunft der Immobilienwirtschaft liegt. Innovative Ideen treffen auf eine starke Wirtschaft, die vor dringenden Veränderungen steht. Man braucht sich gegenseitig für die großen Herausforderungen, die vor uns liegen; sich diesen zu stellen ist nicht einfach. Nach dem Bericht des Weltklimarates scheint es sogar noch schwieriger geworden zu sein. Gerade deswegen müssen wir weiter zusammenarbeiten, unsere Kräfte bündeln und ein so einflussreiches Wirtschaftssegment so reformieren.